"Prost Kopernikus!", Planetarium Bremen
Über Missglückte Astronomie in Gedichten und Dramen; eine Veranstaltung im Olbers-Planetarium Bremen. Saturn: Mein Ring färbt purpurrot der Nächte bleiches Bild / Und kreuzt, wie ein Jongleur mit gold'nen Kugeln spielt, / Mischt, hält und schleudert sieben kolossale Monde". Aber da stimmt doch etwas nicht in diesem Gedicht. Spricht nicht die NASA von 61 Saturnmonden? Über solche und andere mehr oder weniger entschuldbare astronomische Irrtümer in der Literatur von Schiller bis Dürrenmatt wird Bernhard Arnold im Planetarium vorstellen.
Was |
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Wann |
10.05.2009 von 18:00 bis 19:30 |
Wo | Olbers-Planetarium Bremen |
Name | Reservierungen |
Kontakttelefon | (0421) 555 410 |
Termin übernehmen |
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Ach wer von einem Sternenhimmel eine
Vorstellung hat
Der könnte eigentlich sein Maul halten
Aus: „Man sollte nicht zu kritisch sein“ von Bertolt Brecht
Damit das von vornherein klar ist: Niemand will sich hier über die Dichter beklagen und ihnen unterstellen, sie hätten samt & sonders keinen Schimmer von Astronomie! Um dieses haltlose Urteil zu widerlegen, genügt ja bereits ein Gegenbeispiel. Etwa das folgende: Zum Beginn des Gedichts „Früh im Wagen“ von Eduard Mörike heißt es:
Es graut vom Morgenreif
In Dämmerung das Feld,
da schon ein blasser Streif
den fernen Ost erhellt;
Man sieht im Lichte bald
den Morgenstern vergehn,
Und doch am Fichtenwald
Den vollen Mond noch stehn:
Das ist nicht nur schön gesagt, sondern auch genau beobachtet: Der
tiefstehende Mond („am Fichtenwald“) steht der kurz vor ihrem Aufgang befindlichen Sonne fast genau gegenüber und muss folglich voll sein. Wie anders die Himmelsschilderung im wohl populärsten Abendlied der Deutschen „Der Mond ist aufgegangen“ von Matthias Claudius. Auch da stehen sich (der soeben aufgegangene) Mond und (die soeben untergegangene) Sonne fast genau gegenüber, aber von diesem Mond heißt es zwei Strophen weiter, „ ... er ist nur halb zu sehen“. Das kann nun freilich nicht sein, jedenfalls nicht in der realen Natur. Vielleicht liegt ja eine Woche zwischen dem in der ersten Strophe geschilderten Vollmond und dem in der dritten Strophe geschilderten Halbmond, der das beschränkte menschliche Erkenntnisvermögen symbolisiert; das Gedicht gibt allerdings keinen Hinweis auf einen solchen Zeitsprung. Vielleicht befinden wir uns aber auch in einer dichterischen Phantasiewelt, in der der Halbmond bei Sonnenuntergang aufgehen darf, anders als sein realer Kollege –
aber ein bisschen irritieren tut das schon, und man fragt sich, ob Matthias Claudius wohl bewusst war, dass sein Gedicht kein real mögliches Geschehen schildert – und, falls ja, ob er das als unerheblich abgetan hätte. Ich vermute eher, dass ihm das ein bisschen peinlich gewesen wäre, und habe daher zwei (singbare) Strophen hinzugefügt, die den Sachverhalt richtig stellen:
Der Halbmond, den wir sehen,
Wenn wir zu Bette gehen
Bei Sonnenuntergang,
Ist nicht just aufgegangen,
Hat vielmehr schon gehangen
Am Himmel viele Stunden lang.
So ist, was wir gern singen
Von Mond- und Himmelsdingen
Ganz falsch und irreal.
Der Claudius, Matthias
War kein Astronomie-As.
Wer weiß? Vielleicht war’s ihm egal.
Nun ist Matthias Claudius aber beileibe nicht der einzige Dichter, der bei der Schilderung des Nachthimmels „danebengreift“. Es gibt zahlreiche weitere Fälle, die in dem Sinne sogar krasser sind, als „Entschuldigungen“ wie ein einwöchiger Zeitsprung nicht zur Hand sind.
Über solche und andere mehr oder weniger entschuldbare astronomische Irrtümer in der Literatur von Schiller bis Dürrenmatt wird Bernhard Arnold in im Planetarium vorstellen.
Eintritt frei – Anmeldung unter 0421-59054678 unbedingt erforderlich.
Anschrift
Olbers-Planetarium
Hochschule Bremen
Werderstr. 73
28199 Bremen